• Änderungen bei der Erbschaftssteuer 2023: Erben wird jetzt teurer
  • So funktioniert die Erbschaftssteuer bei Immobilien
  • Die Beispielrechnung: Das Jahressteuergesetz 2022 ändert den Sachwertfaktor
  • Verschieben sich die Freigrenzen nach oben?
  • Fazit: Es lohnt sich, Freibeträge zu nutzen und sich über Schenkungen zu informieren

Beim Vererben von Immobilien wird die Erbschaftssteuer fällig. Und für die gibt es ab Januar 2023 eine neue Grundlage. Was bedeutet das für die Erbenden? Kurz gesagt: erben wird deutlich teurer.

Wie funktioniert die Erbschaftssteuer bei Immobilien?

In Deutschland werden jedes Jahr zwischen 300 und 400 Milliarden Euro vererbt oder noch zu Lebzeiten verschenkt. Tendenz steigend. Dabei gelten seit 2009 folgende Freigrenzen, auf die keine Erbschaftssteuer zu zahlen ist.

  • Bei Ehepartner*innen bzw. eingetragenen Lebenspartner*innen können bis zu 500.000 Euro steuerfrei übertragen werden,
  • bei Kindern sind es 400.000 Euro,
  • bei Enkelkindern sind es 200.000 Euro, beziehungsweise 400.000 Euro, wenn deren Eltern bereits verstorben sind.

Es gibt zwei Parameter, die entscheidend für den zu vererbenden Immobilienbesitz sind: Zum einen der Verkehrswert der Immobilie, der als Bemessungsgrundlage heranzuziehen ist. Und zum anderen der sogenannte Sachwertfaktor, auch Marktanpassungsfaktor genannt, mit dem das Finanzamt den Verkehrswert multipliziert. Ein Beispiel soll zeigen, wie Verkehrswert und Sachwertfaktor in der Praxis zusammenspielen.

Aber Achtung: Es gibt eine Sonderregelung für vermietete Immobilien und das geerbte selbstgenutzte Eigenheim. Bei einer vermieteten Wohnung oder einem vermietetem Haus sind gemäß § 13d Erbschaftssteuer- und Schenkungsteuergesetz, ErbStG) lediglich 90 Prozent des Verkehrswerts zu besteuern. Es erfolgt also ein pauschaler Bewertungsabschlag von 10 Prozent. Der zweite Fall bezieht sich auf ein selbst genutztes Haus oder eine selbst genutzte Wohnung. In diesem Fall sieht das Gesetz gemäß § 13 Absatz 1 Nr. 4 ErbStG eine Steuerbefreiung vor, sofern der Ehegatte oder die Ehegattin bzw. eingetragene Lebenspartner*in das Familienheim mindestens zehn Jahre weiter bewohnt. Bei Kindern, die die Immobilie mindestens zehn Jahre weiter nutzen, gibt es eine weitere Einschränkung: Für sie gilt die Steuerfreiheit nur eingeschränkt für eine Wohnfläche bis zu 200 m². Ist das Familienheim größer, ist die darüber hinausgehende Wohnfläche mit der Erbschaftssteuer zu belegen. 

Die Beispielrechnung: Das Jahressteuergesetz 2022 ändert den Sachwertfaktor

Der NDR hat folgende Rechnung aufgemacht. Nach der bisherigen Regelung sah das so aus: Eine Immobilie mit einem angenommenen Zeitwert von 400.000 Euro, multipliziert mit dem bislang angesetzten Sachwertfaktor von 0,9 (Spielraum von 0,5 bis 1,5) ergibt den steuerlichen Verkehrswert von 360.000 Euro. Erbt das Kind die Immobilie, gilt ein Freibetrag von 400.000 Euro. Damit ist klar: Im Beispielfall ist keine Erbschaftssteuer fällig, die Freigrenze von 400.000 Euro ist nicht erreicht.

Die Sachlage verändert sich, wenn der neue, vom Deutschen Bundestag im Jahressteuergesetz beschlossene und angehobene Sachwertfaktor von 0,8 bis 1,8 (lapidare Begründung: eine Anpassung "an das aktuelle Marktniveau"), zugrunde liegt. Die Beispielrechnung mit dem veränderten Sachwertfaktor sieht dann so aus: Der Verkehrswert der gleichen Immobilie mit dem Faktor 1,5 berechnet, liegt dann nicht mehr bei 400.000 Euro, sondern bei 600.000 Euro. Im Beispiel müsste die erbende Person 200.000 Euro versteuern.

Die Höhe der Erbschaftssteuer ist abhängig von der Steuerklasse und vom ermittelten Betrag. Im genannten Beispiel sieht das dann so aus: Bis einem zu versteuernder Betrag von 300.000 (Wert des Erbes) sind das in der Steuerklasse I 11 Prozent, also 22.200 Euro, in der Steuerklasse II 20 Prozent, also 40.000 Euro und in der Steuerklasse IV 30 Prozent, also 60.000 Euro fällige Steuern. Die Steuerpflichtigen haben die Möglichkeit, einen niedrigeren Wert gegenüber der Finanzverwaltung durch ein Gutachten nachzuweisen. Gutachten können dabei den wirklichen Wert besser abbilden. Künftig spielen Immobiliengutachten deshalb im Rahmen der erbschaftssteuerlichen Wertermittlung eine größere und wichtige Rolle. Schließlich geht es für die Erbenden um viel Geld.

Verschieben sich die Freigrenzen nach oben?

Bei vielen Erben, die in voller Erwartungen auf ihre Immobilien-Erbschaft sind, ist deswegen Panik ausgebrochen. So verzeichnen die Notare in Deutschland einen heftigen Ansturm, weil viele Familien die Übergabe des Hauses bis zum Jahresende rasch unter Dach und Fach bringen wollen.

Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) reagierte mit scharfer Kritik auf die Neuregelungen im Jahressteuergesetz. "Wohneigentum kann zum vergifteten Geschenk und für Erben zur Armutsfalle werden", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann der Nachrichtenagentur dpa. Sie warf der Bundesregierung vor, eine verdeckte Steuererhöhung zu betreiben, weil sie die Anpassung der Bewertungsregel ohne eine gleichzeitige Anhebung der Freibeträge auf den Weg bringen würde. Die MIT fordert in einem Vorstandsbeschluss, die Freibeträge im Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz müssten an die Entwicklung der Immobilienwerte und an die Inflation angepasst werden.

Für das Jahressteuergesetz ist Finanzminister Christian Lindner (FDP) verantwortlich, der jede Art von Steuererhöhung ausschließt. Ist also die durch das Jahressteuergesetz ausgelöste höhere Erbschaftssteuer der Bruch dieses Versprechens? Lindner sieht das anders und fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Im Gespräch mit fr.de verwies er darauf, dass die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer allein den Ländern zugutekäme. "Warum sollte ich eine Steuer erhöhen, von der am Ende Markus Söder profitiert, aber der Bundesfinanzminister den politischen Ärger hat?", sagte der Liberale und betonte, dass die Bundesregierung lediglich die rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) umsetze. Das höchste deutsche Gericht erklärte 2018 die bisherige Bemessungsmethode der Grundsteuer für verfassungswidrig und verlangte eine grundlegende Neubewertung von Immobilien. Der Vorwurf aus dem Unionslager sei deshalb "Unsinn". Statt zu lamentieren, sollten die Länder lieber selber tätig werden, empfahl Lindner. Zuletzt seien die Freibeträge im Jahr 2009 angehoben worden.

Fazit: Es lohnt sich, Freibeträge zu nutzen und sich über Schenkungen zu informieren

Die Immobilienpreise sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen, die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer sind dagegen seit 2009 unverändert. Für eine teure Immobilie in einer guten Lage fällt in den meisten Fällen Erbschaftssteuer an – und in diesem Jahr noch mehr. Ob die Länder die Steilvorlage von Finanzminister Christian Lindner zur Erhöhung der Freibeträge nutzen, ist offen. Schließlich bedeutet das Mindereinnahmen für die ziemlich klammen Länder. Die Steuer kannst du aber niedrig halten, wenn du die Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer kennst und nutzt.

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