Energiequellen nachhaltig diversifizieren

Aktueller Status:

Der Beschluss wurde mit Bitte

Der Beschluss wurde mit Bitte um Berücksichtigung an den Fraktionsvize der Jens Spahn der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion für Wirtschaft, Klima und Energie, Mittelstand und Tourismus, Jens Spahn MdB, an den Vorsitzenden der AG Klimaschutz und Energie, Dr. Andreas Jung MdB, an den Fachsprecher Mark Helfrich MdB, an den Fachreferenten des Konrad-Adenauer-Hauses sowie an einen Fachverteiler geschickt.

Datum des Artikels 05.07.2022
Beschluss

Deutschland braucht in der jetzigen kriegsbedingten Krise klare neue energiepolitische Vorgaben. In enger europäischer Abstimmung sollen die Herkunftsländer unserer Energieimporte weiter und dauerhaft diversifiziert werden. Das Ziel ist nicht nur wie bisher die Preisdämpfung, sondern auch die Reduzierung politischer Abhängigkeiten und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit aller benötigten Primär- und Sekundärenergien.

Die Zerstörung industrieller Wertschöpfungsketten wäre dauerhaft schädlicher als die vorübergehende Aussetzung des beschlossenen Ausstiegs aus der Kohle- und Kernenergiestromerzeugung. Diese Aussetzung ist jetzt das Gebot der Stunde. Sanktionen wirken nur, wenn sie durchgehalten werden können.

Der Ausbau der heimischen Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ist entschieden voranzutreiben, trotz aller politischen und energiewirtschaftlichen Probleme. Dazu müssen unter anderem die Behörden, die mit der Zulassung von Trassen- und Anlagenbauten betraut sind sowie die Gerichte mit ausreichend qualifiziertem Personal sowie technischer Infrastruktur ausgestattet werden.  Das Verbandsklagerecht, das zu einer erheblichen Verzögerung von Trassen- und Anlagenbauten führt, ist mindestens für ein Jahrzehnt einzuschränken.

Begründung:
Russlands Angriffskrieg hat unsere mittelfristige Energiestrategie, die Erdgas als Brückentechnologie vorsieht, bis Wasserstoff so weit ist, zertrümmert. Wir haben erkannt, dass wir die Herkunftsländer unserer Energieimporte weiter und dauerhaft streuen müssen, um nicht nur preisliche, sondern auch politische Abhängigkeiten zu verringern.

Auch in der Energiepolitik ist jetzt die Zeit für eine stärkere europäische Abstimmung, sowohl was die Energieimporte, den Klimaschutz als auch die Förderregime zum Ausbau der Erneuerbaren Energien angeht. Dazu gehört auch, dass der marktwirtschaftlich und erfolgreich praktizierte europäische Emissionshandel (EU-ETS) unter Wahrung eines angemessenen Carbon Leakage Schutzes auf die bisher nicht einbezogenen Verbrauchssektoren ausgeweitet wird.

Deutschland wird noch lange – und sogar zunehmend – von Energieimporten abhängig sein. Wegen der sehr großen Kostenunterschiede bei der Herstellung von Wasserstoff, z.B. in Abhängigkeit von sicheren Sonnenstunden, wird Wasserstoff überwiegend nicht im Land produziert, sondern importiert werden.

Auch ein noch schnellerer Ausbau der heimischen Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien kann die rasant wachsende Stromlücke nicht decken. Sie war wegen des nach wie vor geplanten Ausstiegs aus der Kohle- und Kernenergiestromerzeugung auf der Angebotsseite und wegen politischer Entscheidungen, z.B. zum Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor, auf der Nachfrageseite schon vor dem Krieg absehbar. Nun kommt auch noch der faktische Ausstieg aus der Stromerzeugung in Gaskraftwerken hinzu. Die bekannten energiewirtschaftlichen Nachteile einiger Erneuerbaren Energien – stark witterungsabhängig und damit nicht grundlastfähig zu sein sowie standortbedingt große Trasseninvestitionen und Trassengenehmigungsprozesse zu erfordern – sollen den Industriestandort Deutschland und seine wohlstandsstiftenden Wertschöpfungsketten nicht gefährden. Neben den Neuinstallationen der Übertragungsnetze müssen auch die Verteilnetze geplant und finanziert werden, um die zunehmende Einspeisung aus lokalen regenerativen Energien aufzunehmen und den steigenden Strombedarf der mittelständischen Industrie zu decken. Heimische Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien reduziert unsere Abhängigkeit von Energieimporten.

In den Netzausbauplänen, die die zuständige Bundesnetzagentur zur Realisierung der Energiewende im Rahmen des Energiewirtschaftsgesetzes regelmäßig überarbeitet und den Erfordernissen anpasst, sind wegen überlanger Klage- und Genehmigungs-verfahren jahrzehntelange Rückstände entstanden. Sie gefährdeten die mittelfristige Versorgungssicherheit schon vor dem aktuellen Kriegsgeschehen. Hier sind entschiedene politische Schritte erforderlich, z.B. die Einschränkung des Verbandsklagerechts für mindestens ein Jahrzehnt sowie eine angemessene Personalausstattung von Behörden und Gerichten. Das politische Kalkül, dass die Akzeptanz steige, wenn Beteiligungs- und Klagerechte immer weiter ausgedehnt werden, darf mittlerweile als durch die Wirklichkeit widerlegt betrachtet werden.

Aus symbolischen Gründen ganze Ketten industrieller Produktionen in Deutschland zu zerstören, ist keine wirksame und durchhaltbare Politik. Sie würde die Zukunft nachfolgender Generationen gefährden. Zwischen Öl- und Gasimporten ist aus regionalen und technischen Gründen, auch aus Gründen der jeweiligen Substitutionsmöglichkeiten, genau zu unterscheiden. Erdgas ist in vielen industriellen Prozessen, wie in der Stahl-, Chemie-, NE-Metall- und Glasindustrie, kurzfristig nicht durch andere Primärenergieträger zu ersetzen. Neben der stofflichen Nutzung ist Erdgas als Brückentechnologie in der Hochtemperaturerzeugung mittelfristig nicht ersetzbar.

Bis der aktuelle Kriegs- und Krisenmodus überstanden ist, müssen die Ausstiegsbeschlüsse zu Kohle und Kernenergie ausgesetzt werden. Der Kohlekompromiss sah im Rahmen eines Monitorings vor, dass der Rückbau von Kohlekraftwerken im Einklang mit dem Zubau von klimafreundlicheren Ersatzkapazitäten erfolgt. Durch den Wegfall der Brückentechnologie Erdgas ist hier entsprechend zu handeln. Die politischen und genehmigungsrechtlichen Schritte dafür sind unverzüglich und zügig zu beschreiten.