Umwandlungsverbot: Eigentumsbildung wird verhindert statt gefördert

Datum des Artikels 16.04.2021
MittelstandsMagazin

Mit einem neuen Gesetz will die Bundesregierung Vermieter daran hindern, ihre Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Das Vorhaben reiht sich ein in eine zunehmend interventionistische Baupolitik, die am Ende genau das erreicht, was sie eigentlich verhindern will: höhere Preise, weniger Neubau und mehr Investoren aus dem Ausland.

Verzweifelte Wohnungssuchende in Ballungsräumen konnten es kaum glauben: Bundesbauminister Horst Seehofer sprach beim „Wohngipfel“ im Februar in Berlin von einer „stolzen Bilanz“. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte fest, man habe „einiges zustande gebracht“. Das mag für viele Punkte stimmen: 115.000 neue Sozialwohnungen statt wie geplant 100.000 sollen bis Jahresende entstehen. Das Wohngeld als staatlicher Zuschuss für Geringverdiener wurde mehrfach angehoben und wird an mehr Empfänger gezahlt. Familien werden beim Immobilienkauf oder -neubau mit dem Baukindergeld bezuschusst. Bis Februar gingen 310.000 Anträge mit einem Volumen von insgesamt 6,5 Milliarden Euro ein. Höhere Förderungen gab es darüber hinaus beim Städtebau, beim frei finanzierten Mietwohnungsbau und bei der energetischen Gebäudesanierung.

Zu wenig Wohnungen gebaut

Aber eine entscheidende Zielmarke wurde verfehlt: Geplant waren 1,5 Millionen neu gebaute Wohnungen. Stattdessen wurden erst 900.000 Wohnungen fertiggestellt. Für 300.000 weitere gibt es Baugenehmigungen. Der längerfristige Aufwärtstrend wurde damit in den vergangenen Jahren eher abgebremst. „Insgesamt sind die Erfolge mager“, fasst Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zusammen. Der Immobilienexperte hinterfragt zudem die Fixierung auf einen bestimmten Wert. „Schließlich kommt es beim Wohnungsbau vor allem darauf an, wo gebaut wird“, sagt er. Außerdem könne die Bundesregierung nicht selbst bauen, sondern nur die Rahmenbedingungen verbessern. „Und hier ist zu wenig passiert: Der Flaschenhals ist das Bauland, das von den Kommunen ausgewiesen werden muss“, sagt Voigtländer.

Mehr Bauland nötig

An dieser Stelle will die Bundesregierung mit einem Baulandmobilisierungsgesetz ansetzen. Das Gesetz soll mehr Flächen für den Wohnungsbau schaffen. „Überall dort, wo neuer Wohnraum entstehen soll, vereinfachen und beschleunigen wir die Prozesse, damit die Kommunen Bauland leichter aktivieren und Baugenehmigungen schneller erteilen können“, beschreibt Minister Seehofer das Ziel. Geplant ist unter anderem eine Ausweitung der Möglichkeiten, ein Baugebot zu verhängen. Damit kann eine Gemeinde Eigentümer verpflichten, Grundstücke innerhalb einer Frist zu bebauen. Weiterhin ist die Wiedereinführung einer Regelung zum unkomplizierteren Bauen am Ortsrand vorgesehen. Das kommunale Vorkaufsrecht, das bislang auf die Gebiete mit Milieuschutz begrenzt war, soll auf den gesamten angespannten Mietwohnungsmarkt erweiterbar sein.

Streitpunkt Umwandlungsverbot

Noch steckt der Gesetzentwurf aber im parlamentarischen Verfahren fest. Streitpunkt ist das sogenannte Umwandlungsverbot. Geplant ist, dass in Gebieten mit hohen Mieten und knappem Wohnraum die örtlichen Behörden einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zustimmen müssen. So sollen Mieter vor „Verdrängung“ geschützt werden. Der Kabinettsbeschluss sieht Ausnahmen vor, etwa wenn Eigentümer Wohnungen an Familienmitglieder zur eigenen Nutzung verkaufen. Die neuen Regelungen sollen zunächst bis Ende 2025 gelten. „Wenn Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft werden, droht Mieterinnen und Mietern schnell eine Eigenbedarfskündigung. In ohnehin angespannten Wohnungsmärkten ist dies ein Riesenproblem für alteingesessene Mieterinnen und Mieter“, betonte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD).

„Staatliche Interventionsspirale“

Der Eigentümerverband Haus und Grund sieht in dem Vorhaben hingegen ein Zurückdrehen der „Demokratisierung des Eigentums“. Die Möglichkeit, Wohnungseigentum zu begründen, habe man überhaupt erst geschaffen, um der dramatischen Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg zu begegnen. „Dass die Große Koalition überhaupt glaubt, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einschränken zu müssen, ist das Ergebnis ihrer verfehlten Politik aus Mietpreisbremse und Mietspiegelmanipulation“, kritisiert Kai Warnecke, Präsident von Haus und Grund. Die Einschränkung der Umwandlung sei „der Einstieg in eine immer weitreichendere staatliche Interventionsspirale“.

Erschwerter Zugang zu Eigentum

Auch IW-Ökonom Voigtländer warnt davor, dass das Umwandlungsverbot vor allem den Zugang für Selbstnutzer versperrt. „Schon heute haben Mieter bei Umwandlungen ein Vorkaufsrecht, davon machen sie aber kaum Gebrauch“, so der IW-Ökonom. Dies liege nicht an den laufenden Finanzierungskosten, die aufgrund der niedrigen Zinsen zu stemmen seien. „Ursächlich sind vielmehr die geringen Ersparnisse der Mieter, denn allein für Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuch müssen in einigen Bundesländern acht Prozent der Kaufsumme bezahlt werden.“ Hinzu komme das Eigenkapital, das in die Bankfinanzierung eingebracht werden müsse. Genau hier sollten die Städte laut Voigtländer ansetzen: Würde man den Mietern Nachrangdarlehen gewähren, also Kredite, die andere Banken als Eigenkapitalersatz akzeptieren, könnten viel mehr Mieter ihre Wohnung kaufen.

Gesetz verhindert keinen Ausverkauf

Angestoßen wurde die geplante Reform wohl auch durch Erfahrungen der Hauptstadt. Dort kauften teils ausländische Investoren Mehrfamilienhäuser auf, um durch eine Umwandlung die Bestandsmieter durch zahlungskräftigere Neumieter zu ersetzen. Anschließend wurden die dann oftmals sanierten Wohnungen wieder an Kapitalanleger verkauft. „Ein Umwandlungsverbot wird solche Geschäftspraktiken aber kaum verhindern“, gibt Voigtländer zu bedenken. „Statt die Wohnungen einzeln zu verkaufen, werden die Mehrfamilienhäuser dann an andere Investoren verkauft.“

Ob der Verkauf an Großinvestoren für die Mieter besser ist, bezweifelt Voigtländer. Laut einer Untersuchung im Auftrag des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumplanung erhöhen Kleinvermieter die Mieten gerade in angespannten Märkten seltener als Unternehmen – auch, weil ihnen ein unbelastetes Verhältnis zum Mieter wichtig ist.

Eigentumsbildung fördern

Vertreter der MIT drängen deshalb darauf, das umstrittene Umwandlungsverbot aus dem Gesetz zu nehmen und vielmehr die Eigentumsbildung zu fördern. „Möglichst viele Menschen sollen sich den Traum von der eigenen Immobilie erfüllen können“, sagt Christoph Ploß, Landesvorsitzender der CDU Hamburg und Co-Vorsitzender der MIT-Baukommission. Ein Umwandlungsverbot stehe dem entgegen. Kritik äußert auch der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak. „Statt eine Verbotsdebatte zu führen, sollten wir Eigentumsbildung fördern und Mieter auf dem Weg in die eigenen vier Wände unterstützen“, fordert er. Wenig Verständnis haben Ploß und Luczak daher für Vorstöße der Grünen, den Neubau von Einfamilienhäusern einzuschränken. „Wer wie die Grünen Einfamilienhäuser verbieten will, nimmt den Menschen ihre Träume. Denn vier von fünf Deutschen hegen diesen Traum von den eigenen vier Wänden“, sagt Luczak

Kosten senken, Subventionen streichen

Die MIT setzt sich in der CDU/CSU-Fraktion dafür ein, neben dem Umwandlungsverbot auch das erweiterte kommunale Vorkaufsrecht und die zusätzlichen Baugebote zu streichen. Außerdem sollen die Länder den vom Bund festgelegten Grunderwerbsteuersatz von 3,5 Prozent nicht überschreiten dürfen. Denn gerade die Grunderwerbsteuer stellt einen erheblichen Kostenfaktor beim Immobilienkauf dar. Teure Subventionen wie das Baukindergeld, das eher zu Mitnahmeeffekten durch Familien führt, die ohnehin gebaut hätten, sollen dagegen gestrichen werden. Stattdessen fordert die MIT eine Senkung der hohen Baunebenkosten, schnellere Planverfahren, mehr Investitionen in die Digitalisierung der Bauämter und in qualifiziertes Personal. „Diejenigen, die sich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen wollen, aber auch diejenigen, die zur Miete wohnen, würden von solchen Maßnahmen mehr profitieren als von ideologischen Griffen in die Mottenkiste“, heißt es dazu im MIT-Beschluss.

Infografik: Vergleichsweise wenige Deutsche besitzen ein Eigenheim | StatistaReferenzlink: https://de.statista.com/infografik/8385/wohneigentumsquoten-in-europa/

 

 

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Studien: Mietbegrenzungen schaden eher

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kam bereits 2019 in einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Mietpreisbremse kaum wirkt. Ohne sie würden Bestandsmieten in beliebten Wohngegenden gerade einmal zwei bis vier Prozent höher liegen.

Ein Vergleich des Zentralverbands der Immobilienwirtschaft (ZIA) der gesetzlichen Mietobergrenzen mit dem örtlichen Mietspiegel in Berlin wies zudem auf eine soziale Ungleichheit hin: So profitierten vom im April vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen Berliner Mietendeckel gerade Bestandsmieter in Top-Lagen wie Charlottenburg, während die Mietsenkungen in den Plattenbauten von Marzahn- Hellersdorf vergleichsweise gering ausfielen.

Auf eine weitere Verschärfung weisen verschiedene Betrachtungen der Onlineportale ImmoScout24 und Immowelt hin. So sank seit Inkrafttreten des Mietendeckels im vergangenen Jahr die Zahl der angebotenen Mietwohnungen signifikant. Noch nie war es für Zuzügler so schwer, in Berlin eine Wohnung zu finden. Offenbar werden frei werdende Wohnungen vermehrt an Freunde und Verwandte vermittelt – oder die Eigentümer entscheiden sich gleich zum Verkauf.
 

Dieser Artikel erschien im Mittelstandsmagazin, Ausgabe 2-2021.