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Debatte über Freiheitsrechte Merkels Haltung zu Getesteten stößt in CDU auf Kritik

Sollen negativ Getestete in der Coronakrise mit Geimpften gleichgestellt werden? Kanzlerin Angela Merkel ist dagegen. Nun regt sich in der CDU Widerstand.
Kanzlerin Merkel: Kritik aus den eigenen Reihen

Kanzlerin Merkel: Kritik aus den eigenen Reihen

Foto: CLEMENS BILAN / EPA

Es klingt wie ein Machtwort der Kanzlerin: Volle Freiheitsrechte dürften allenfalls Geimpfte bekommen, nicht aber negativ Getestete, ließ Angela Merkel vor den Impfgipfel-Beratungen mit den Ministerpräsidenten wissen. Doch in der CDU stößt dieser Kurs auf teils erheblichen Unmut. Vor allem Wirtschaftspolitiker fordern, zwischen Geimpften und negativ Getesteten nicht weiter zu unterscheiden.

»Ich halte die Gleichbehandlung bei den Öffnungen von Geimpften, Genesenen und negativ Getesteten für gesellschaftlich dringend geboten, ansonsten droht ein weiterer Riss durch die Gesellschaft«, sagte Carsten Linnemann, stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender und Chef des CDU-Wirtschaftsflügels, dem SPIEGEL.

»Insbesondere für besonders betroffene Branchen wie den Einzelhandel, die Gastronomie oder auch den Veranstaltungsbereich eröffnen sich damit wichtige Perspektiven. Gleichzeitig dürfen wir die Menschen nicht aus dem Blick verlieren, die sehnsüchtig auf eine Impfung warten, aber keine Chance haben, in den nächsten Wochen geimpft zu werden. Ihnen muss auch die Teilhabe durch die Vorlage eines negativen Testnachweises ermöglicht werden.«

»Es darf nicht das Signal geben, dass ein Teil der Bevölkerung bereits wieder normal leben und reisen darf, während andere noch Monate ausharren.«

JU-Chef Tilman Kuban

Kritik an Merkel kommt auch vom Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban. »Wir brauchen eine Perspektive«, sagte Kuban dem SPIEGEL. Notwendig sei eine Chance auf Normalität für alle: »Freiheiten für Geimpfte, Genesene und negativ Getestete.« Gerade die junge Generation habe in der Pandemie gezeigt, dass sie Verantwortung übernehme.

»Wir gehen für Ältere einkaufen, helfen als Ehrenamtliche mit in den Impf- und Testzentren und lassen richtigerweise den Älteren bei den Impfungen den Vortritt. Es darf nicht das Signal geben, dass ein Teil der Bevölkerung bereits wieder normal leben und reisen darf, während andere noch Monate ausharren. Das wird nicht funktionieren.«

Merkel hatte vor dem Impfgipfel von Bund und Ländern am Nachmittag davor gewarnt, in der Diskussion über die Rückgabe von Freiheitsrechten Geimpfte und Getestete gleichzustellen. Für Getestete könne nicht das gelten, was für vollständig Geimpfte gelte, sagte Merkel Teilnehmerangaben zufolge in einer Sitzung des CDU-Präsidiums. Die Sicherheit der Impfung sei viel robuster als die Sicherheit von Tests.

Der Unterschied zwischen Geimpften und Getesteten wird auch in einem Entwurf zu einem Eckpunktepapier betont, das dem SPIEGEL vorliegt. Das Papier ist die Diskussionsgrundlage für eine Beratung zwischen Bund und Ländern.

»Es ist nach aktueller Feststellung des Robert Koch-Instituts davon auszugehen, dass Geimpfte und Genesene ein geringeres Risiko haben, andere Menschen anzustecken, als durch einen Antigentest negativ Getestete«, heißt es in dem Papier. Deswegen könne es notwendig sein, Geimpfte und Genesene besserzustellen als jene Bürgerinnen und Bürger, die nur einen negativen Antigen-Schnelltest vorweisen können.

Derweil geht die Debatte auch unter den Bundesländern weiter. Baden-Württemberg etwa drängt auf bundesweit einheitliche Regeln für Geimpfte und Genesene, möchte diesen auch Öffnungen etwa von Schwimmbädern oder Museen ermöglichen. »Aus unserer Sicht ist dringlich eine wissenschaftliche Erklärung erforderlich, warum diese Einrichtungen nicht für Geimpfte/Genesene geöffnet werden können«, heißt es in einem Schreiben des Landessozialministeriums. Ohne entsprechende Begründungen sei es schwierig, in bereits anhängigen Gerichtsverfahren bestehen zu können, begründet das Land dies in dem Brief an das Bundesgesundheitsministerium.

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Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident und CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet erwartet von der Bund-Länder-Runde zum Impfen gegen Corona rechtlich klare Aussagen zu den künftigen Freiheiten von Geimpften. »Wenn wir jetzt die Ausgangssperre oder Ausgangsbeschränkungen haben, wird es eine Antwort geben müssen: Was ist denn mit den Geimpften? Gilt das für den, gilt das für den nicht?« Es gehe auch um Genesene, sagte der CDU-Vorsitzende in Berlin. Das müsse am Montag »verbindlich geregelt werden«.

vme/dpa
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