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  5. „Raus aus dem digitalen Neandertal!“: Was uns ein Digitalministerium bringt

"Neustart für Deutschland" - die Chancen-Kolumne: Bevor jeder vor sich hinwurschtelt, sollten wir jetzt den digitalen Turbo zünden
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    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
dpa, Linnemann

Unsere Bürokratie hinkt den digitalen Möglichkeiten weit hinterher. Der digitale Staat hat sich in einem Zuständigkeitswirrwarr verstrickt. Wer sich daraus befreien will, muss alle Kompetenzen bündeln. Und zwar schnell.

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Jetzt erwischte es auch mich. Mitten im Bahnstreik war ich auf die Bahn angewiesen. Ich musste aus dem Süden zurück nach Paderborn. Mein Retter war die Bahn-App. Sehr aktuell und sehr einfach zu bedienen. Da haben die Startups, die mit der Deutschen Bahn zusammenarbeiten, Gutes geleistet.

Etwas anders ist die Lage im Bundestag: Wenn ich zu einer Sitzung mit anderen Kollegen einlade, dann muss ich zwei Formulare ausfüllen, um jedes Brötchen gleich zwei Mal schriftlich zu beantragen. Von einer App fehlt dort jede Spur. Und jeder Bürger erlebt das ähnlich bei fast jedem Behördenkontakt. Digital ist da allenfalls das PDF-Dokument, das man ausdrucken kann, aber von Hand ausfüllen und mit der Post abschicken muss.

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Keine Frage, Unternehmen sind – selbst bei datensensibelsten Vorgängen wie zum Beispiel Bankgeschäften – im Kundenkontakt um Längen weiter als der öffentliche Dienst. Die mittelständisch geprägte deutsche Digitalwirtschaft gestaltet beherzt den digitalen Wandel. Hingegen ist die Verwaltung geprägt von Insellösungen und veralteten Eigenentwicklungen.

Dabei bestätigte der Normenkontrollrat bereits 2015, dass die Digitalisierung der 60 wichtigsten Verwaltungsdienstleistungen mehr als ein Drittel des bisherigen Bürokratieaufwands einsparen würde. Trotzdem sind die meisten dieser Verwaltungsdienstleistungen bis heute nicht digitalisiert. Und zwar zum Nachteil aller: Die Verwaltung sieht sich außerstande, Leistungen schnell und kosteneffizient anzubieten, die Bürger hadern mit einem starren und schwerfälligen Verwaltungsapparat.

Weg vom Innenministerium: Datenschutz muss bürgerfreundlicher werden

Dabei könnte ein digitaler Staat so viel möglich machen. Er könnte den Bürgern je nach Lebenssituation – von der Geburt angefangen – die erforderlichen Verwaltungsprozesse direkt anstoßen. Er könnte den Bürger online mitverfolgen lassen, welchen Bearbeitungsstand sein Antrag hat und wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Und er könnte sogar die Datensouveränität der Bürger und Unternehmen stärken, denn über Onlineportale ließe sich nachvollziehen, welche Verwaltungsakteure Daten angefragt oder verwaltungsintern ausgetauscht haben.

Und tatsächlich spricht sich jeder für mehr Digitalisierung aus. Trotzdem funktioniert die Umsetzung nicht. Woran liegt das? Ein Hauptgrund liegt in meinem Urteil in einem heillosen Zuständigkeitswirrwarr. Ziel muss es daher sein, sämtliche digitale Kompetenzen und Zuständigkeiten zentral zu bündeln. Das beginnt bereits mit dem Datenschutz. Dieser muss als Teil einer bürgerfreundlichen Datennutzung verstanden werden, die Datennutzung nicht verhindern, sondern erleichtern will. Also weg vom Innenministerium, rein in ein neues Digitalministerium.

Nationaler Normenkontrollrat

Gordischer Knoten eGovernment: So soll die Digitalisierung der deutschen Verwaltung gelingen?

Zudem muss ein solches Digitalministerium die Kernbereiche der Digitalisierung bündeln: Für Verwaltungsdigitalisierung und E-Government, IT-Konsolidierung und Betrieb, Telekommunikation und Breitbandausbau, digitale Arbeitswelt, Internet Governance sowie digitale Bildung, Datenpolitik und Plattformwirtschaft. Und das bedeutet: Die anderen Ministerien müssen diese Kompetenzen abgeben. Sonst gibt es nur Konkurrenz und Blockade.

Zudem benötigt das Digitalministerium die Federführung bei allen digitalpolitischen Kernprojekten des Bundes. Bei der Corona-Warnapp sähe das dann so aus: Das Bundesgesundheitsministerium gibt die Anforderungen für die App vor. Umgesetzt wird die App dann aber im Digitalministerium. So kann es schneller gehen, für den Staat günstiger werden und das Produkt wird innovativer als wenn ein Ministerium verantwortlich ist, das eben andere Kernkompetenzen und Schwerpunkte hat.

Digitalministerium kann Kaderschmiede für modernes Arbeiten sein

Doch nicht nur die Corona-Krise, sondern auch die Hochwasserkatastrophe hat gezeigt, dass die digitale Vernetzung zwischen Bund, Ländern und Kommunen verbessert werden muss. Statt 16 Bundesländer, rund 300 Landkreise und über 100 kreisfreie Städte vor sich hin wurschteln zu lassen, muss das Digitalministerium der Treiber für eine gemeinsame Digitalagentur sein, über die einheitliche Schnittstellen und bessere Vernetzung organisiert werden kann. Und zwar ohne die föderale Struktur in Frage zu stellen.

 

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Gleichzeitig erwächst daraus die Chance, dass ein Digitalministerium zum Vorbild für modernes, digitales Arbeiten werden kann. Mit Verwaltungsprofis, die bereits in den verschiedenen Ministerien Digitalisierungsprojekte erfolgreich umgesetzt haben, und Experten aus der freien Wirtschaft, die eine frische Perspektive einbringen. Auf diese Weise kann ein Digitalministerium auch zu einer Kaderschmiede für modernes Arbeiten in der Verwaltung werden. Und es kann sich in agil arbeitenden, projektbezogenen Arbeitsgruppen organisieren und damit Vorbild für alle anderen Ministerien und Behörden werden.

Deutschland muss die kommende Legislaturperiode nutzen, um digital endlich aufzuholen. Wir müssen raus aus dem digitalen Neandertal. Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge, aber auch digital gedachte Gesetzgebung müssen eine Top-Priorität der neuen Bundesregierung werden. Das kommt letztlich allen Politikfeldern zugute: vom Klimaschutz, bei dem Digitalisierung und Datennutzung CO2-Emissionen mindern, über die innere und äußere Sicherheit („Cyber War“), bis zur Altersvorsorge, in der die konkrete finanzielle Absicherung im Alter ohne verbesserte Datennutzung gar nicht mehr feststellbar ist.

Kurzum: Was wir jetzt brauchen ist ein Digitalisierungsturbo. Der Motor ist ein neues, innovativ strukturiertes Digitalisierungsministerium. Auf geht´s!

Lesen Sie von Carsten Linneman auch: Immer mehr Kohle vom Staat macht unsere Gesellschaft nicht gerechter – im Gegenteil

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