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"Neustart für Deutschland" - die Chancen-Kolumne: Gelähmtes Deutschland: Wir sollten mehr Rostock und Tübingen wagen - jetzt erst recht!
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dpa

In Sonntagsreden sind immer alle Politiker – egal welcher politischen Couleur – für Bürokratieabbau und für effizientere Strukturen. Aber wenn es konkret wird, finden Bedenkenträger immer tausend gute Gründe, warum etwas nicht geht. Ich finde:  Es ist Zeit, dass wir in Deutschland wieder einmal etwas wagen. Einfach mal machen lassen!

Wer als Politiker nicht die Bodenhaftung verlieren will, muss möglichst oft Berlin-Mitte verlassen. Er muss außerhalb der Berliner Blase mit Leuten sprechen, die einfach nur ihr normales Leben meistern wollen. Solche Gespräche können sehr erhellend sein. So auch während der Pandemie. Meinen Gesprächspartnern im Wahlkreis war eben nicht das Gendern wichtig, sondern sie wollten, dass ihre Kinder wieder zur Schule gehen können. Dabei ist mir ein Familienvater in Erinnerung geblieben.

Der Mann berichtete, dass er zusammen mit den anderen Eltern genügend Geld zusammengetragen habe, um die Schulklassen mit Luftfiltern auszustatten. Man wolle den Kindern Präsenzunterricht auch in Corona-Zeiten ermöglichen. Der Kontakt zum Hersteller sei bereits hergestellt und auch der Schulleiter habe schon Zustimmung signalisiert. Woran es noch fehle, sei eine offizielle Genehmigung, und die sei auf Biegen und Brechen nicht zu bekommen. Keiner fühlte sich zuständig, immer wieder sei auf eine andere, höhere Stelle verwiesen worden. Geschehen ist: nichts.

Gelähmtes Deutschland: Statt neue Wege zu gehen, verstecken wir uns hinter Paragrafen und Gesetzen

Dieses Beispiel steht symptomatisch für den Zustand unseres Landes. Es sind die Strukturen, die uns lähmen. Ein überbordender Staatsapparat, der engmaschig reguliert und detailliert vorschreibt, macht träge und erstickt jeden Impuls, etwas auszuprobieren, im Keim. Es ist diese „einfach-mal-machen“ Mentalität, die uns in Deutschland abhandengekommen ist. Statt mutig neue Wege zu probieren, verstecken wir uns hinter Paragrafen und Gesetzen. Und will man unter diesen Paragrafen und Gesetzen etwas ausmisten, gibt es sofort ein „wenn“ und ein „aber“ und am Ende nicht weniger, sondern mehr Bürokratie.

In Sonntagsreden sind immer alle Politiker – egal welcher politischen Couleur – für Bürokratieabbau und für effizientere Strukturen. Aber wenn es konkret wird, finden Bedenkenträger immer tausend gute Gründe, warum etwas nicht geht. Das hat ein solches Ausmaß angenommen, dass es nicht mehr nur für Mittelständler ein Ärgernis ist – nein, es bedroht die Zukunftsfähigkeit unseres gesamten Landes.

Dabei hat gerade Corona gezeigt, dass es anders gehen kann. Rostock und Tübingen sind die besten Beispiele: Die dortigen Bürgermeister waren mutig. Während in Berlin noch über die Wirksamkeit von Schnelltests diskutiert wurde, war Boris Palmer in Tübingen schon mit einer mobilen Teststation unterwegs. Als die Einzelhändler dicht machten, suchte der Rostocker Oberbürgermeister Claus Ruhe Madsen nach neuen Wegen und fand click & meet.

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Über den Autor

Carsten Linnemann ist ein deutscher Politiker der CDU und Diplom-Volkswirt. Er ist Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), dem einflussreichen Wirtschaftsflügel der Union, und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. In seiner Kolumne "Neustart für Deutschland" zeigt Linnemann, wie Deutschland wieder aus der Komfortzone kommt.

Wider der Vorschriften-Flut! Lasst uns mehr Rostock und Tübingen wagen!

Der Erfolg gab ihnen recht. Applaus gab es von allen Seiten. Und in einem Interview steht nun, was nicht Palmer, sondern unseren Staat beschämen müsste: Für die erfolgreiche Corona-Strategie habe er es mit den Vorschriften nicht so eng nehmen dürfen. Und auf die Frage, welche er genau meine, antwortete er: „Ich will ja nicht direkt ins Gefängnis“.

Mein Vorschlag: Warum übertragen wir nicht einfach die Idee der Modellregionen, so wie es Tübingen und Rostock erfolgreich praktizierten, auch auf die anderen Bereiche unseres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens? Lasst uns Experimentierräume und Modellregionen schaffen, in denen Vorschriften beherzt aufgehoben werden. Und dann schauen wir nach einem Jahr, wie es gelaufen ist. Wenn es zu massivem Missbrauch und Schäden führt, kann man ja Vorschriften wieder einführen. Aber ich vermute, in den meisten Fällen wird es besser laufen als vorher.

Diese Logik nutzen wir bereits in sogenannten Reallaboren bei der Erprobung von Spitzentechnologien wie autonomes Fahren, Telemedizin-Lösungen oder neuen Identifizierungsverfahren. Indem sie einige Unternehmen bereits einsetzen können, werden die Technologien im realen Umfeld erlebbar. So kann nicht nur das Unternehmen lernen, welche Technologien und Geschäftsmodelle funktionieren. Auch der Gesetzgeber lernt, welche Regeln sinnvoll sind und welche nicht.

Wir brauchen ein Bundesexperimentiergesetz!

Genau diese Logik sollten wir über die Zulassung von neuen Technologien hinaus auf ganz viele Regelungsbereiche ausweiten. Einzelne Städte und Landkreise sollten als Modellregionen schlanke, pragmatische und innovative Regulierungen ausprobieren können. Warum nicht mal mit neuen, flexiblen Arbeitszeiten experimentieren? Warum nicht den Schulleitern mal mehr Entscheidungsbefugnisse geben? Warum nicht mal alle Gründer im ersten Jahr von Pflichten in den Bereichen Steuer- und Arbeitsrecht befreien? Warum nicht mal datenrechtliche Vorgaben eindampfen, wenn in einer Region ein neues Mobilitätskonzept ausgetüftelt wird?

Um diesen Modellregionen klare Bedingungen und damit rechtliche Sicherheit zu geben, brauchen wir ein Bundesexperimentiergesetz und einen wirksamen Experimentierklausel-Check. Mein persönlicher Wunsch: Deutschland wird zu einem Land der Experimentierräume und Modellregionen, in denen neue Wege, flache Hierarchien und bürokratiearme Projekte getestet werden. Und testen heißt eben auch: genau analysieren, was lief gut, was lief schlecht? Was floppt, wird gestoppt, was gut läuft, wird auf ganz Deutschland ausgerollt.

Wie heißt es doch so richtig: Wer wagt, gewinnt. Es ist Zeit, dass wir in Deutschland wieder einmal etwas wagen. Einfach mal machen lassen! Wer eine Idee hat, muss losstürmen dürfen, ohne dass gleich jemand sagt: „geht nicht, weil…“. Es braucht wieder reichlich Kreativität und Tatkraft, um den bevorstehenden Epochenwechsel zu gestalten. Denn vertun wir uns nicht: Es geht um nicht weniger als um den Erhalt unseres Wohlstands und unserer freiheitlichen Art zu leben. Wir sollten mehr Rostock und Tübingen wagen, auch und erst recht nach Corona.

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